Am nächsten Morgen um 06:00 waren kaum Leute an Deck, der Horizont bunt, über Land eine Wolkenschicht und die 'Color Magic' zog ihren Abgasstrom im schwachen Wind hinter sich her, den Horizont im Südosten grün-gelb einfärbend. Mit Hochdruckwasserstrahlern wurde das obere Sonnendeck abgespritzt und die Gischt ergoß sich auf die Sonnenaufgangsschaulustigen und deren Kameras ein Deck tiefer. Leider kann man auf der 'Color Magic' nicht am Bug im Freien stehen, zudem waren einige interessante Außendecksbereiche abgesperrt.
Um 07:00 fuhr die 'Color Magic' bereits im Oslofjorden, der sich 1½ Stunden später dramatisch verengte. Das Deck füllte sich mit Leuten und appetitlichen Gerüchen aus der Kombüse, hier wohl eher eine Großküche, und das Wetter war wunderbar, Wolken nur in der Ferne im Fjord. Plötzlich war die 'Color Magic' um 08:45 dann in dichte Nebelschwaden eingehüllt, es gab voraus kaum noch Sicht, das Nebelhorn ertönte mehrfach, im Fjord widerhallend. Der Nebel war in dicke Wolken übergegangen, als Downtown Oslo in Sicht kam, und wieder: 'düdeldidüd-düd', mein mich offenbar in jeden Winkel der Welt verfolgender Provider begrüßte mich erneut, er wußte sogar, daß ich jetzt in Norwegen war und damit die EU verlassen hatte, nicht aber den Europäischen Wirtschaftsraum, für den manche Provider später die Roaming-Gebühren ebenso abgeschafft haben. Die Sonne begann damit, sich durch die Wolken zu kämpfen.
Ich verließ das Schiff um 10:25 durch die Schranken im 'Color Line Terminalen' von Oslo, wo die Bordkarte gescannt wurde, der Himmel war schon aufgeklart, viel früher als prognostiziert und blieb das auch für den Rest des Tages, Wolken schwebten wenn überhaupt nur in weiter Ferne. Nicht weit vom 'Color Line'-Terminal befindet sich 'Tjuvholmen', das mich unschwer an die 'HafenCity' in Hamburg erinnerte, gegenüber hatte die königliche Yacht 'Norge' festgemacht. Überhaupt hatte Oslo sich seit meinem letzten Besuch vor etwa 20 Jahren beträchtlich weiterentwickelt, überall neue Gebäude und moderne Architektur. Ein Schmelztiegel ist Oslo geworden, wenn auch nicht so ausgeprägt wie Hamburg. Nach Bestaunen der alten Schiffe im Hafen vor dem Rathausplatz ging es 'rauf zur Festung 'Akershus' mit Blick auf die Stadt und danach zur futuristischen neuen Oper, wobei ich mich langsam zu fragen begann, welche Stadt hier welche kopiert hat, Hamburg Oslo oder umgekehrt.
Kinderhorden mit fast durchweg hellen Haaren bevölkerten den von Baustellen umringten Monumentalbau. Im Shopping-Distrikt dieselben Modeketten wie in Hamburg und schließlich Staßencafee's die wirklich auf der Straße aufgebaut sind, für den Autoverkehr noch eine Fahrspur freilassend. Ich hatte überlegt, ob ich Geld wechseln soll, Norwegen versagt sich mit der EU auch dem Euro, hatte es dann aber doch nicht gemacht, eine gute Entscheidung, denn eine Stunde vor Abfahrt war ich immer noch mitten im Sightseeing und hatte keine Zeit, etwas zu kaufen oder irgendwo zu essen. Ich war sehr angenehm überrascht von der Stadt und den vielen tollen Eindrücken. Obwohl Oslo 1 Flugstunde nördlich von Hamburg liegt, war die Laubfärbung jetzt Anfang September genauso weit fortgeschritten, sie setzte gerade erst ein.
Um 13:45 war ich zurück am Terminal, passierte die Schranken, wo meine Bordkarte gescannt wurde und kam als einer der letzten zurück an Bord. 'Color Line' bittet Passagiere von Mini-Kreuzfahrten 15 Minuten vor Abfahrt zurück an Bord zu kommen. Das Sonnendeck war bereits überfüllt, als 'Color Magic' pünktlich um 14:00 ablegte, gleich hinter dem Terminal wendete und losschipperte. Ein grandioses Panorama bot sich vom Achterdeck, während eine Möwe sich von einer Passagierin aus der Hand füttern ließ und dabei immer neben dem Schiff herflog. Viele Eigenheime am Fjord, wunderbare Lage.
Der norwegische Großsegler 'Christian Radich' hatte die Stadt schon mittags verlassen, 'Color Magic' holte ihn nun ein und zog im Ytre Oslofjord vorbei. Speedboote begleiteten die 'Color Magic', als sie gegen 15:30 diesen engen Teil des Fjordes verließ. Der Wind kam von Süden so heftig, daß alles über Bord wehte, was nicht fest war. Gegen 17:00 war die 'Color Magic' 'raus aus dem Fjord, es war immer noch sehr windig und deshalb gefühlt auch schon recht kalt. Eine gute Stunde später waren von Norwegen nur noch wenige Quellwolken in weiter Ferne zu sehen, während sich im Osten schwedische Landmasse erstreckte. Eine weitere Stunde später verdünnte sich auch Schweden zu einer Linie, während die Sonne sich im Westen immer tiefer zum Horizont senkte. Schiffe waren nur selten zu sehen. Nach dem spätsommerlich-sonnigen Nachmittag bei 25°C in Oslo war es im Skagerrak doch schon sehr kalt und nach 2 Stunden in der schwachen Abendsonne an Deck war ich durchgefroren.
Obwohl die Bordsprache Norwegisch ist, habe ich überwiegend Deutsch gehört und viele Leute auf der Rückfahrt waren mir schon auf der Hinfahrt irgendwie begegnet, empfand ich die Kommunikation mit der Crew auf Englisch weniger holprig, wenn sie sich denn des Englischen mächtig zeigten. Am Abend schaue ich mir noch die in wechselnden Farben beleuchtbare Shopping-Mall mit Geschäften, Bars und Gastronomie auf Deck 7 an. Dort befindet sich im über 3 Decks gehenden Atrium außerdem die Rezeption und der Landgang steuerbords. Wie überall in Skandinavien waren auch hier die Preise deutlich höher als in Deutschland. Im Duty-Free-Shop staunte ich doch sehr und kaufte nur 2 Produkte, die es in Deutschland nicht gab. Die Elchwurst allerdings war mir nun doch zu exotisch. Obwohl EU-Bürger im Duty-Free-Shop zusätzlich 20% Rabatt erhielten, waren die Produkte immer noch etwa 25% teurer als in Deutschland.
Seegang gab es wegen der ruhigen See auf beiden Fahrten nicht, in der Kabine hatte ich aber doch immer irgendwie das Gefühl, auf einem Vibrationsbett zu schlafen. Während üblicher Zeiten war mit wechselnden Wassertemperaturen im mit Waschbecken, Dusche, WC, Handtüchern und Flüssigseifenspendern ausgestatteten Bad zu rechnen. Natürlich war alles etwas beengt, über das Design des Interieurs in der Kabine konnte ich allerdings nicht klagen, alles zweckmäßig, aus engstem Raum das Meiste herausholend und in angenehmen Farben. Die Orientierungshilfen an Bord empfand ich als gewöhnungsbedürftig, die Schilder waren klein gehalten, Hinweise zum jeweiligen Standort rar, Passagiere ohne Kenntnis maritimer Grundbegriffe hatten es noch schwerer. Raucher hatten wenig zu lachen an Bord und neigten daher vereinzelt dazu, sich nicht an die Regeln zu halten. Nichtraucher mußten an verschiedenen Ecken auf den Außendecks mit qualmenden Störungen der Urlaubsfreude leben. Von einem Dresscode an Bord habe ich nichts gemerkt, für Decksaufenthalte empfahl sich allerdings dringend eine zuschnürbare Kapuze, Mützen wurden vereinzelt weggeweht.
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